Sex und Papier. Evolutionstheorie in einer Nussschale

Wie ich im vorigen Beitrag bereits erwähnte, sticht die Eigenschaft des Menschen, seine eigene Blödheit kaum, die Blödheit anderer dafür umso besser zu erkennen, im Arbeitsleben besonders heraus. Diese Spannung bestimmt die Wirtschaft: Wir erwarten, dass andere rational handeln, auch wenn wir uns selbst irrational verhalten. Wissenschaftler glauben zu wissen, dass der Mensch das absolut grandiose Ergebnis einer Milliarden Jahre langen Evolution sei. Ich werde nun versuchen, Ihnen eine Kurzfassung der Evolutionstheorie zugeben, die Menschheitsgeschichte in einer Nussschale, sozusagen:

Erst waren da eine Handvoll Amöben. Einige Mutanten unter ihnen passten sich besser der Umwelt an und wurden zu Affen. Dann kam das Total Quality Management. Hier lasse ich einige wenige Details aus, wobei auch die Theorie einige Lücken aufweist, nach denen man besser nicht fragt.

Dann brauchten wir viele Jahre um diese hohe Evolutionsstufe zu erreichen. Das gemütliche Tempo der Entwicklung war okay, weil es nicht viel zu tun gab außer herumzuhängen und zu hoffen, nicht von Wildschweinen aufgefressen zu werden. Eines Tages fiel jemand unglücklich auf einen spitzen Stock und der Speer war erfunden. Damit fing der ganze Ärger an.

Ich war zwar nicht dabei aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es damals eine sichere Minderheitenfraktion unter den frühen Menschen gab, die Stein und Bein geschworen hätten, dass der Speer die Fingernägel niemals als bevorzugtes Kampfinstrument ablösen würden. „Vielfalt“ war damals allerdings nicht angesagt, weshalb die Anti-Speer-Fraktion wohl doch noch zur Speerspitze bekehrt wurde.

Das Gute am Speer war, dass jeder kapierte wie er zu benutzen war. Er hatte ein wesentliches Merkmal: Das spitze Ende. Diesem Grad an Komplexität waren unsere Gehirne gewachsen. So konnten nicht nur einige Intellektuelle sondern auch der einfache Mann mit dem Speer umgehen. Das Leben war gut. Abgesehen von gelegentlichen Seuchen, einer allgemeinen Lebenserwartung von acht Jahren und dem sehnlichen Wunsch, das Leben möge schon nach dem fünften enden. Darüber, dass Speere zu kompliziert seien, beklagte sich eigentlich niemand.

Evolutionär gesprochen kam dann plötzlich ein Mutant daher und erfand die Druckerpresse. Von da an ging es bergab. Heute, nur einen Moment später, laden wir uns mit mobilen Endgeräten Schrittzähler-Apps herunter und fliegen in glänzenden Objekten, in denen uns gekühlte Getränke und warme Snacks serviert werden, am Himmel in ferne Länder.

Für die meisten unserer gegenwärtigen Probleme mache ich Sex und Papier verantwortlich, denn: Nur einer in einer Million ist intelligent genug, um eine Druckerpresse zu erfinden. Als unsere Gesellschaft nur aus ein paar hundert affenähnlichen Höhlenmenschen bestand, waren die Chancen rein rechnerisch sehr gering, dass einer von ihnen ein Genie sein würde. Doch die Menschen hatten weiterhin Sex, und mit jedem Volltrottel und jedem Deppen der zur Bevölkerung hinzukam, stieg eben auch die Chance auf einen überdurschnittlich begabten Klugscheisser. Sobald aber mehrere Millionen und Milliarden Menschen auf der Erde ständig Sex haben, stehen die Chancen leider gut, dass sich eines Tages eine schwangere Affenmutti auf einen Rübenacker hockt und die Ausnahme aus sich herauspresst, die dann eine Druckerpresse erfindet.

Als wir erst die Druckerpresse hatten, waren wir eigentlich schon dem Untergang geweiht. Weil jetzt jedes Mal wenn ein neuer Klugscheisser eine gute Idee hatte, diese aufgeschrieben und allen mitgeteilt wurde. Auf einer guten Idee konnte man aufbauen. Die Zivilisation explodierte, die Technik war geboren, die Komplexität des Lebens steigerte sich exponentiell Alles wurde größer, schneller und besser.

Außer unseren Gehirnen.

All die Technik, die uns umgibt, die Management-Theorien und ökonomischen Modelle, die unser Verhalten leiten und voraussagen, die Wissenschaft, die uns hilft, 120 zu werden- all das haben wir einem verschwindend kleinen Prozentsatz überdurchschnittlicher intelligenter Menschen zu verdanken. Die anderen treten Wasser so schnell sie können. Für sie ist die moderne Welt zu komplex. Die Evolution blieb auf Ausnahmen beschränkt. Dank der Druckerpresse konnten überdurchschnittlich intelligente Menschen ihr Genie entfalten und vermitteln ohne es genetisch weiterzugeben. In der Evolution gab es einen Kurzschluss. Wir bekamen noch vor der Intelligenz Wissen und Technologie.

Heute sind wir ein Planet von mehr als 7 Milliarden Dummköpfen und sekündlich werden es mehr. Wir leben in einer Zivilisation, die von einigen tausend überraschend intelligenten Ausnahmen gestaltet wurde. Mit dieser, meiner Theorie als Grundlage für mein Weltbild betrachte ich die Arbeitswelt um mich herum, möchte mich gerne vom Gegenteil überzeugen lassen, doch erhalte täglich nur Bestätigung für meine Evolutionsidioten-Theorie. In meinem nächsten Beitrag werde ich Ihnen einige, amüsante Beispiele, die meine Theorie belegen, nicht vorenthalten.

to be continued…

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